Etwas mehr als fünf Jahre nach „Piano Nights“ und etwas mehr als 11 Jahre nach „Dolores“ veröffentlichten Bohren & Der Club of Gore Anfang 2020 ihr mittlerweile achtes Studioalbum. Es trägt den ambivalent-verführerischen Titel „Patchouli Blue“. Nun, bald vier Jahre später beehren sie uns damit live. Worauf wir hinauswollen: nicht nur in ihrer Musik, sondern auch, was Veröffentlichungs – und Konzertzyklen angeht, haben Bohren enorm viel Zeit. Zum Glück. Je nach Temperament der Zuhörenden braucht es vielleicht zweimal vier Töne oder vielleicht doch noch zweieinhalb Minuten, bis klar wird: Man befindet sich auf klassischem Bohren-Territory. Mit „Bohren goes Country“ oder „Bohren plays 20 Jazz-Funk-Greats“ ist also glücklicherweise auch weiterhin nicht zu rechnen. Dafür mit Orgeln, Saxofonen, behutsam entwickelten Spannungsbögen, einem bis aufs Skelett reduzierten Sound, in einem Moment meint man, gleich Jan Garbarek zu begegnen, im nächsten schaut Hildegard Knef vorbei, dann wiederum fühlt man sich in den Soundtrack eines John Carpenter-Films versetzt: „Vier Teile Bohren klassisch, drei Teile Seltsam und vier Teile Jazz-Schleicher“, stand an anderer Stelle über das Album zu lesen, und wenn das nicht reicht, wissen wir auch nicht weiter. Bohren schaffen es schlicht ein ums andere Mal, in härtester Reduktion Klangskulpturen zu formen, Kathedrale und windschiefe Ruine in eine, Musik, die von jedem Gran überflüssiger Schlacke befreit sind und einen in ihrer Reduktion berühren wie nur wenig anderes.
Kulturzentrum Schlachthof Wiesbaden e.V.
Seit 1994 kollektiv und unabhängig. Gegen Diskriminierung, Sexismus, Rassismus, Antisemitismus und Homophobie.