Vor zwanzig Jahren galt Peter Doherty als Inbegriff des selbstzerstörerischen Genies – ein zitternder Held aus Tabloid-Albträumen, ein britischer Rimbaud auf Crack. Heute, mit 46, lebt er im normannischen Küstendorf Étretat, mit Blick aufs Meer, auf die Klippen – und in ein neues Leben. In seiner Küche duftet es nach Rhabarberkuchen, die Hunde tollen herum, während seine zweijährige Tochter auf dem Schoß seiner Frau Katia de Vidas sitzt. „Ich wollte lange Zeit nur raus aus mir selbst“, sagt Doherty, „jetzt will ich einfach nur da sein.“ Dass er „da“ ist – körperlich, geistig, künstlerisch – ist ein kleines Wunder. Der The Libertines-Frontmann, berühmt-berüchtigt für Eskapaden, Prozesse und zerplatzte Versprechen, hat sich in den letzten Jahren zu einem beständigen, fast heiteren Künstler gewandelt.
Sein aktuelles Soloalbum „Felt Better Alive“ ist nicht nur ein ironisch gebrochener Titel, sondern eine nüchterne Bilanz eines Lebens, das vom Abgrund zurückgekehrt ist. Es ist ein Album voller kleiner, poetischer Miniaturen: Lieder über Apfelbäume und Kinderlieder, über Meerpfarrer und Mississippi-Träumer, durchzogen von Humor und Zärtlichkeit.
Man spürt in diesen Songs, dass sie nicht aus der Großstadt kommen, sondern aus einem Alltag, der auf Spaziergänge, Stille und den Rhythmus eines Kindes gebaut ist. Produziert von Mike Moore (Liam Gallagher), gespielt mit einer Band, die so britisch und so erfahren ist wie ein Musikgeschichtsbuch: Mike Joyce von The Smiths am Schlagzeug, Mark Neary (Baxter Dury) an Bass und Pedal Steel, Jack Jones (Trampolene) an der Gitarre und Katia de Vidas selbst an den Keyboards.
Die Konzerte seiner neuen Band sind ein paradoxes Vergnügen: zärtlich und ungestüm zugleich, getragen von Dohertys lakonischem Humor. Wer ihn heute live erlebt, spürt die Verwandlung. „Felt Better Alive“ ist mehr als ein Comeback – es ist ein Zeugnis von Reife und Überleben, eine Einladung, an das Gute im Chaos zu glauben. Und das Beste: Diese neue Gelassenheit bringt Doherty auch wieder nach Deutschland. Für vier Konzerte kehrt er mit seiner Band zurück – mit Songs aus „Felt Better Alive“, Klassikern von The Libertines und Babyshambles, und vielleicht, wer weiß, einem kleinen Augenzwinkern an die Smiths.
Kulturzentrum Schlachthof Wiesbaden e.V.
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