Es lohnt sich mal wieder, ein bisschen weiter auszuholen: "Der ewige Konflikt zwischen Underground-Ideal und Major-Label-Sell-out-Verlockung, er zieht sich durch die Geschichte von Punk. Und damit auch durch die Biografie von Laura Jane Grace, Sängerin der US-Punkband Against Me!" schrieb zuletzt Benjamin Moldenhauer in der taz anlässlich der Veröffentlichung ihres jüngsten Soloalbums, "Hole In My Head".
Wir erinnern uns: Wurde Against Me!s Solodebüt mit dem herrlichen Titel „Reinventing Axl Rose“ unter großen Szeneapplaus noch bei bei dem Kleinstlabel No Idea Records veröffentlicht, erschienen die Nachfolge-Alben bereits beim - wenn man so will - mittelständischen US-Indie Fat Wreck Chords. Dann ging es zum Major Sire, die Szene gab sich enttäuscht bis entsetzt, und agierte etwas aus, das wir an dieser Stelle gar nicht weiter kommentieren wollen. Es folgten Rotzattacken und Mittelfinger auf fast allen Against-Me!-Konzerten, ja sogar Kneipenschlägereien mit enttäuschten Fans. Entschädigt wurden Against Me! mit Stadiontouren im Vorprogramm der Foo Fighters, Best-Buddy-Fotos mit Bruce Springsteen und Auftritten in so ziemlich allen US-Late-Night-Shows der Nuller Jahre. "Schon erstaunlich für eine Band aus der Anarchopunk-Szene Floridas, deren Sängerin durchgängig alles weggetrunken hat, was ihr in den Weg kam", um noch einmal die taz zu zitieren.
Seit Laura Jane Grace 2012 ihre trans-Identität öffentlich machte, thematisiert sie diese und die (auch künstlerische) Reise, auf die sie sich seitdem begeben hat. Einfach war die nie. Doch klingt sie auf "Hole in My Head“ vielleicht zum ersten Mal nach einem Menschen, der nun, im Alter von 43 Jahren, eine Art Frieden schließen könnte. Was ihr zu wünschen wäre. Dass sie darüber ihre Kritik an den Verhältnissen und ihren Einsatz für Emanzipation, persönliche wie gesellschaftliche, nicht aus den Augen verliert, ebenso wenig wie einen Sound zwischen Punk, Country/Folk und Lärm, umso schöner! Auch toll btw.: ihre jüngst erschienene Autobiografie „Tranny. Bekenntnisse der berüchtigtsten anarchistischen Verräterin des Punkrock.“ Wir empfehlen Hören, Lesen, Vorbeikommen. Und rollen zudem den Teppich für die Punker von Pet Needs aus, die ihr eventuell schon einmal als Support von Flogging Molly, The Hives oder Frank Turner gesehen haben könntet.
Kulturzentrum Schlachthof Wiesbaden e.V.
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